Perkutane suprapubische Zystostomie vs. Harnröhrenkatheter im postoperativen Management nach roboterassistierter radikaler Prostatektomie: welche Methode ist zu bevorzugen?

Dr. med. Michael Gierth
Assistenzarzt für Urologie

Klinik und Poliklinik für Urologie am
Caritas-Krankenhaus St. Josef
Universität Regensburg
Landshuter Straße 65, 93053 Regensburg

Hintergrund

Die roboterassistierte radikale Prostatektomie (RARP) ist bisweilen auch in Deutschland ein etabliertes operatives Verfahren zur Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms. Hierbei verspricht die minimalinvasive Operationstechnik neben einem kürzeren stationären Krankenhausaufenthalt auch eine Reduzierung von Kurzzeitkomplikationen.1,2,3

Bestandteil des postoperativen Prozedere ist die Versorgung der Patienten mittels Dauerkatheter (DK) bzw. perkutaner suprapubischer Zystostomie (PSZ), um dadurch eine adäquate Blasenentleerung und somit einen optimalen Heilungsprozess der vesicourethralen Anastomose (VUA) gewährleisten zu können. Welches Verfahren zur permanenten Blasenentleerung nun allerdings hinsichtlich der Heilungsraten der VUA, des Auftretens von Blasenhalsstenosen und auch des subjektiven Empfindens der Patienten überlegen ist, wurde unlängst intensiv diskutiert.4,5,6

Die Methoden im Vergleich 

Prasad et al. versuchten anhand einer prospektiven, randomisierten Studie nachzuweisen, dass postoperative Schmerzen bei Patienten mit PSZ im Vergleich zu Patienten mit DK reduziert werden können. Die Autoren kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass es keine Unterschiede hinsichtlich des Zufriedenheitsstatus bei den Patienten gab. Auch bezüglich der Inzidenz von Blasenhalsstenosen ließen die Ergebnisse die PSZ und den DK ebenbürtig erscheinen.1,4

Krane et al. äußerten sich hingegen konträr. Bezug nehmend auf deren Beobachtungsstudie, konnte durch die Anwendung einer PSZ eine signifikante Schmerzreduktion nach RARP bei etwa der Hälfte der behandelten Patienten erreicht werden.5
Sammon und Kollegen beschrieben zusätzlich eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Frühkontinenz um den Faktor 2,5.7

Die erwähnten Studien weisen bei genauerer Betrachtung gewisse Limitierungen auf, welche die Grundlage der unterschiedlichen Ergebnisse sein könnten und gleichzeitig einen direkten Vergleich der gewonnen Daten nur schwer zulassen. So erfolgte beispielsweise die Messung des Schmerzscores bei Prasad et al. unter anderem am ersten, hingegen bei der Vergleichsstudie am zweiten postoperativen Tag. Der postoperative Aspekt der Frühkontinenz wurde von Prasad und Kollegen sogar gänzlich unbeachtet gelassen. Bei den Daten von Krane et al. wiederum muss bedacht werden, dass ein Placeboeffekt aufgrund der freien Entscheidungsmöglichkeit der Patienten für oder gegen eine PSZ eine tragende Rolle bei der Beurteilung des subjektiven Schmerzempfindens gespielt haben könnte.4,5

Fazit für die Praxis

Unserer Meinung nach steht letztlich außer Diskussion, dass prospektiv, randomisiert erhobene Daten verglichen mit Daten einer reinen Beobachtungsstudie eine höhere Wertigkeit zugesprochen werden muss, auch wenn die Anzahl an inkludierten Patienten vergleichsweise gering erscheinen mag. Unsere Erfahrungen im klinischen Alltag bestätigen, dass eine DK-Versorgung nach RARP für die Patienten nicht von Nachteil zu sein scheint. Vielmehr ist unstrittig, dass die intraoperative Anlage eines PSZ einen weiteren invasiven Operationsschritt darstellt, welcher mit erhöhten Komplikationen vergesellschaftet sein kann und zugleich die Operationsdauer verlängert.

Sicherlich kann die DK-Anlage nach RARP anhand der zugrunde liegenden Daten nicht als Gold-Standard festgesetzt werden, da auch die PSZ-Anlage im Einzelfall unter Berücksichtigung des Patientenwunsches diskutiert werden sollte. Dennoch scheint es, als wäre eine DK-Versorgung nach RARP derzeit die zu favorisierende Alternative.

(1) Hu JC, Gu X, Lipsitz SR et al. Comparative effectiveness of minimally invasive vs open radical prostatectomy. JAMA 2009; 302: 1557.
(2) Hohwu L, Akre O, Pedersen KV et al. Open retropubic prostatectomy versus robot-assisted laparoscopic prostatectomy: a comparison of length of sick leave. Scand J Urol Nephrol 2009; 43: 259.
(3) Rassweiler J, Hruza M, Teber D et al. Laparoscopic and robotic assisted radical prostatectomy – critical analysis of the results. Eur Urol 2006; 49: 612.
(4) Prasad SM, Large MC, Patel AR et al., Early Removal of Urethral Catheter with Suprapubic Tube Drainage Versus Urethral Catheter Drainage Alone after Robot-Assisted Laparoscopic Radical Prostatectomy. J Urol, 2014, [Epub ahead of print]
(5) Krane LS, Bhandari M, Peabody JO, Menon M. Impact of percutaneous suprapubic tube drainage on patient discomfort after radical prostatectomy. Eur Urol 2009; 56: 325-31
(6) Koch MO, Nayee AH, Sloan J et al. Early catheter removal after radical retropubic prostatectomy: long-term followup. J Urol 2003; 169: 2170.
(7) Sammon JD, Sharma P, Trinh QD, Ghani KR, Sukumar S, Menon M. Predictors of immediate continence following robot-assisted radical prostatectomy. J Endourol 2013; 27: 442-6.